top of page

Wenn Belohnung zur Beschämung wird!

  • Autorenbild: Claudia Schöffler
    Claudia Schöffler
  • 27. Mai
  • 2 Min. Lesezeit


"Belohnungen sind genauso manipulativ wie Bestrafungen. Sie sind nur die andere Seite derselben Münze."


Alfie Kohn





Gestern erzählte mir eine Freundin von einem Erlebnis, das sie bis heute beschäftigt. Sie war vor Jahren bei Bekannten zu Besuch und sah in deren Küche eine Tafel, auf die die Tochter jeden Morgen eine Blume kleben durfte – aber nur, wenn sie in der Nacht nicht ins Bett gemacht hatte. Die Idee dahinter war sicherlich gut gemeint: Eine kleine Belohnung sollte das Kind motivieren, am nächsten Morgen stolz eine Blume aufzukleben. Doch in Wirklichkeit war es nichts anderes als eine stille Form der Beschämung. Jeder Tag ohne Blume wurde zum sichtbaren Beweis, dass es wieder nicht geklappt hatte.


Diese Situation zeigt ein weit verbreitetes Missverständnis in der Erziehung: Motivation wird oft mit Belohnung verwechselt. Doch wahre Motivation entsteht nicht durch äußeren Druck, sondern durch innere Anerkennung. Wenn Kinder sich wertgeschätzt fühlen – unabhängig von ihren Erfolgen oder Rückschlägen –, entwickeln sie eine langfristige Freude daran, Herausforderungen zu meistern. Genau hier setzt das Enneagramm an: Es hilft Eltern, die individuelle innere Motivation ihres Kindes zu verstehen und Anerkennung so auszudrücken, dass sie wirklich wirkt.


Motivation im Kindesalter: Warum Anerkennung wichtiger ist als Belohnung


Kinder lernen nicht, weil sie eine Belohnung erwarten, sondern weil sie Freude am Lernen haben – zumindest wenn sie die Möglichkeit dazu bekommen. Doch ein weit verbreiteter Fehler in der Erziehung ist, dass Erwachsene von ihrer eigenen Perspektive ausgehen. Eltern sehen die Welt aus ihrer Sicht und gehen davon aus, dass ihre Kinder die gleichen Bedürfnisse, Werte und Motivationsstrukturen haben.

Hier kann das Enneagramm eine entscheidende Rolle spielen. Es beschreibt die innere Motivation eines jeden Persönlichkeitstyps – und genau diese Motivation bestimmt, was ein Kind antreibt und wie es Anerkennung wahrnimmt. Wenn Eltern die individuelle Welt ihres Kindes verstehen, können sie Unterstützung gezielter geben und ihre Anerkennung so ausdrücken, dass sie wirklich ankommt.


Kinder, die nicht durch äußere Belohnungen, sondern durch authentische Wertschätzung motiviert werden, entwickeln eine langfristige Freude am Lernen. Statt Abhängigkeit von Lob oder materiellen Anreizen entsteht eine sogenannte Mastery Orientation – das Streben nach Wissen und Fähigkeiten, die echte innere Bedürfnisse erfüllen.


Interessanterweise zeigt sich dieses Muster auch im Erwachsenenleben: Sobald Grundbedürfnisse wie Sicherheit gedeckt sind, wählen viele Menschen ihre Arbeit nicht primär nach dem Gehalt, sondern nach dem persönlichen Sinn, den sie darin finden. Auch freiwilliges Engagement entsteht nicht aus finanziellen Anreizen, sondern aus der inneren Befriedigung, etwas beizutragen.


Wer sein Kind wirklich stärken möchte, könnte den Fokus weg von Belohnungen und hin zu individueller Anerkennung lenken. Das Enneagramm kann dabei helfen, die eigene Sichtweise als Eltern zu erweitern und das Kind in seinem Wesen zu erfassen – ganz ohne erzwungene Motivation.


Comments


bottom of page