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  • kapila

Kinder haben keine Resilienz!

Aktualisiert: 12. Juni 2023




"Ich glaube, dass Erziehung Liebe zum Ziel haben muss."


Astrid Lindgren







Das kindliche Gehirn und Nervensystem hat noch keine Ressourcen, um resilient gegenüber Grenzüberschreitung jeglicher Art zu sein - physisch, emotional oder seelisch. Jedes Kind ist darauf angewiesen, dass es liebevoll und mit Respekt behandelt wird. Ist das nicht der Fall, bleibt nur die Option der Anpassung an die gegebenen Umstände. Die eigene Wahrnehmung wird so lange gedreht, gewendet und schlussendlich verdreht, bis „es“ sich besser anfühlt, als vorher.


Grenzüberschreitungen sind - ob jung oder alt - bedrohliche Situationen für unser Nervensystem und für unser Gehirn. Unsere Sinne melden an unser Nervensystem, dieses sendet alarmierende Signale, die in unserem Gehirn interpretiert werden und eine Reaktion bewirken. Kinder sind weder in der Lage, die Signale noch ihre eigene Reaktion weiters zu reflektieren. Unser Neocortex ist erst mit ca. 20-25 Jahren voll ausgebildet. Daher agieren Kinder überwiegend im Bereich Affekt und Impuls. Außerdem blockiert bei Jung und Alt, die Amygdala, den Zugang zum Neokortex, wenn wir Angst haben. Unser Körper ist evolutionsbedingt auch heute noch der Meinung, dass Nachdenken uns den sicheren Tod bringt, aber davon laufen unser Leben retten kann.


Dieser Affekt - Impuls Kreislauf wird hauptsächlich von Bereichen des Stammhirns und des Limbischen Systems aufrechterhalten. D.h. eine Situation erweckt in uns ein unangenehmes Gefühl, unser Nervensystem fährt hoch und liefert die notwendige Energie für eine Reaktion.

Bsp. Die meisten Babys empfinden volle Windeln als unangenehm, sie fangen an unruhig zu werden, zu jammern und ziemlich schnell lauthals zu brüllen.


  • Was geschieht also, wenn wir für unsere (natürliche!) Reaktion Unverständnis ernten, oder sogar bestraft werden? Bsp. „Das ist gesund und Du bleibst so lange sitzen, bis der Teller leer ist!“


  • Wenn uns unsere Gefühle nicht zugestanden werden? Bsp. „Rege Dich nicht auf. Es wird schon seinen Grund haben, dass der Lehrer Dir eine Strafarbeit gegeben hat!“


  • Wenn wir mit unserer Not alleine gelassen werden? Bsp. „Nein, da ist kein Gespenst in Deinem Zimmer. Du bist schon so groß, Du schläfst jetzt in Deinem Bett!“


  • Wenn wir überredet, manipuliert oder moralisch erpresst werden, um „anders“ zu reagieren, als wir es gerade tun? Bsp. "Da ist die Oma aber sehr traurig, wenn Du ihr keinen Kuss zum Abschied gibst!"


Erst einmal nichts, sofern die Situation nicht erschütternd oder schockierend ist. Bis zu einem gewissen Grad und Maß an „unangenehm“ reguliert sich unser Nervensystem wieder von ganz alleine. Es beruhigt sich und pendelt sich wieder auf den „normalen“ Zustand ein.


Wenn solche Situationen aber im Alltag zu häufig auftreten, zu intensiv sind oder zur Normalität werden und unser Nervensystem keine Erholungsphasen mehr bekommt, um sich wieder auf „normal“ einpendeln zu können, z.B. tägliches Theater beim Mittagessen, nicht mehr mit dem Kind sprechen, sich lustig machen, ständig abwertende Kommentare, Hausarrest für schlechte Noten, Abfragen vor der ganzen Klasse an der Tafel, Mobbing im Schulhof etc.


Wenn unser Nervensystem nicht mehr zur Ruhe kommt, ist das tatsächlich gefährlich für unser ganzes System. Wir werden nervös, sind unkonzentriert, haben keinen Appetit oder essen viel zu viel, fühlen uns rast- und ruhelos, schlafen nicht mehr durch, bekommen Bauchschmerzen … alles Symptome, die wir aus unserer eigenen Kindheit kennen oder von unseren Kindern kennen.

Muss unser Gehirn und unser Nervensystem das zu lange ertragen, dann entsteht daraus ein Entwicklungstrauma, was sich emotional, seelisch und körperlich eingräbt und uns prägt. Die Verzerrungen postulieren ihre Glaubenssätze:

  • Ich muss fröhlich und lustig sein, dann bin ich erwünscht.

  • Ich werde gesehen und anerkannt, wenn ich erfolgreich bin.

  • Wenn ich nicht widerspreche, dann werde ich in Ruhe gelassen.

  • Ich werde geliebt, wenn ich lieb, nett und folgsam bin.

  • Nur wenn ich mich anstrenge und keine Fehler mache, werde ich angenommen.

  • Ich darf keine Schwächen zeigen, sonst werde ich verletzt.

  • Ich muss alle Eventualitäten antizipieren, um Risiken zu umgehen.

  • Wenn ich mich still verhalte, mich nicht hervortue, komme ich nicht ins Visier.

  • Ich muss unbedingt auffallen, nur dann werde ich gesehen und geliebt.

Etc.

Wir benötigen also dringend eine Strategie, damit sich unser System wieder auf „normal“ umschalten zu können. Als Kind ist man kreativ, erfinderisch, anpassungsfähig und in der Not auch nicht wählerisch. Das junge Gehirn schreibt so lange Geschichten, bis ein Narrativ die ersehnte Beruhigung herbeiführt. Wir haben also eine Art Lösungs-Strategie gefunden, um unser System aus der Dauerwallung zu „retten“. Wir fühlen uns vermeidlich ruhiger.


Jede der neun Strategien hat sich irgendwann in unserem Leben besonders bewährt, weil sie uns - aus Sicht unseres Stammhirns und unseres Limbischen Systems - geholfen hat, uns beruhigen zu können. Unsere Strategie ist somit auch eine Fähigkeit, die andere in dieser ausgeprägten Form nicht zur Verfügung steht. Es ist also auch ein echter Schatz im Repertoire unserer Möglichkeiten!


Als erwachsener Mensch, mit ausgebildetem Neokortex, können wir anfangen wieder neu zu entscheiden, welche Strategie wir anwenden wollen in unserer Partnerschaft, mit unseren Kollegen, mit Freunden … dafür müssen wir aber erst unser Narrativ erkennen und wissen, welche Strategie uns überlebensnotwendig scheint. Ansonsten marschiert unser Gehirn immer den gleichen alten Weg, weil es für diesen ollen Trampelpfad die geringste Energie benötigt. Leider bringt uns genau das aber auch oft genug in Schwierigkeiten und wir haben dann kaum eine Alternative zur Hand.


"Ich glaube, dass Erziehung Liebe zum Ziel haben muss."

Das Enneagramm zu kennen, mit unseren Strategien umgehen zu können, eröffnet ungeahnte Möglichkeiten uns Astrid Lindgreen anschließen zu können. Frage Dich das nächste Mal, bevor Du explodierst, ungehalten und unfair wirst ... "Was würde die Liebe jetzt tun?"


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